
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Verkehrsinfrastruktur
Der Bereich Verkehrsinfrastruktur bemüht sich, einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Dazu entwirft, entwickelt und implementiert er viele Innovationen. Diese Innovationen müssen jedoch nicht nur hinsichtlich ihrer Energie- und Umweltaspekte, sondern auch in Bezug auf Sicherheit, Lebensdauer und Kosten bewertet werden. Im Folgenden werden diese vielfältigen Aspekte illustriert und einige Aktivitäten im Kompetenzbereich Verkehrsinfrastruktur der BFH vorgestellt.
Die Herausforderung einer nachhaltigen Infrastruktur
Der Bereich Verkehrsinfrastruktur kann, wie die gesamte Braubranche, einen wesentlichen Beitrag zum Thema nachhaltige Entwicklung leisten. Dieser Aspekt steht denn auch im Mittelpunkt der Aktivitäten des Kompetenzbereichs Verkehrsinfrastruktur der BFH. Neben dem Thema sichere Infrastruktur konzentriert er sich darauf, umweltfreundlichere und nachhaltigere Techniken zum Bau und zur Sanierung von Strassen zu entwickeln und umzusetzen. Das erfordert multiple, sich ergänzende Kompetenzen.
Belastungsarme Baumaterialien
Im Allgemeinen werden zwei Ansätze bevorzugt, um bituminöse Materialien mit geringen energetischen und ökologischen Auswirkungen anbieten zu können. Oftmals wird dabei die Beimischung eines möglichst hohen «Asphaltzuschlaggehalts»1 bevorzugt. Wartungs- und Reparaturprojekte führen zum Rückbau großer Mengen von Materialien, die recycelt und wiederverwendet werden müssen, möglichst in Form von gebundenen Schichten (bituminös), ansonsten besteht das Risiko, dass sie in Deponien entsorgt werden. Obwohl das Recycling in Asphaltmischungen keine neue Technik ist, ist der Forschungs- und Entwicklungsbedarf hoch. Dies insbesondere auch, um den Gehalt an recycelten Materialien zu erhöhen und gleichzeitig eine zufriedenstellende Leistung und Lebensdauer zu gewährleisten. Aspekte der Rezeptur, der Produktionstechnik und der Optimierung der mechanischen Eigenschaften von Asphaltmischungen stehen daher im Mittelpunkt der Untersuchungen.
Neben der Erhöhung des Anteils an recycelten Baustoffen ist auch die Senkung der Produktions- und Verarbeitungstemperaturen ein immer häufiger gewählter Weg. Wie in Abbildung 1 dargestellt, ermöglicht die Produktion von Niedertemperaturasphalt (Warm Mix Asphalt) oder Kaltasphalt (Cold Mix Asphalt) erhebliche Energieeinsparungen bei gleichzeitiger Reduktion der Emissionen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang das derzeit von der BFH in Zusammenarbeit mit der IMP Bautest AG durchgeführte Forschungsprojekt VSS 2017/327. Ziel des Projektes ist es, die Leistungsfähigkeit und den Anwendungsbereich von Kaltmischasphalt als Trag- und Binderschicht zu bewerten.

Eine Herausforderung für die Umgebung stellt das Strassenlärmproblem dar. Dieser Lärm entsteht durch den Kontakt zwischen Reifen und Fahrbahn. Zur Lärmbekämpfung werden daher Sanierungsmassnahmen «an der Quelle», sprich am Strassenbelag, favorisiert. Das führt zur Entwicklung von lärmarmen Asphaltmischungen, die eine hohe akustische Wirkung bei zufriedenstellender Haltbarkeit (mechanische Leistung) aufweisen. Da diese beiden Leistungsbereiche nicht Hand in Hand gehen (wie in Abbildung 2 ersichtlich), stellt ihre Kombination aber eine Herausforderung dar.
Gemäss heutigem Kenntnisstand wird geschätzt, dass die mechanische Lebensdauer eines lärmarmen Belags gar nur etwa 10-12 Jahre oder die Hälfte eines herkömmlichen Asphaltmischguts beträgt; die akustische Leistung variiert dabei stark. Daher wurden verschiedene Rezepturen oder Additive entwickelt, um langlebige schallabsorbierende Mischungen anbieten zu können. Darunter fallen neuere Untersuchungen der BFH zur Verwendung von Fasern in lärmarmen Belägen mit dem Ziel, den Kornverlust des Belags zu reduzieren. Weiter ist, wie zuvor erwähnt, die Reduktion von Emissionen und des Energieverbrauchs ein wichtiges Thema. Auch dies steht aber immer in Abhängigkeit zur Lebensdauer der Baustoffe. So stellt Gussasphalt, trotz einer Produktionstemperatur von über 200°C und einer im Vergleich zu konventionellem Asphalt hohen Einbautemperatur, eine echte Alternative dar, besonders in Bezug auf seine Lebensdauer (es finden sich nicht selten funktionstüchtige Strukturen, deren Gussasphalt älter als 35 Jahre ist). Aufgrund dieser Beobachtung und des Potenzials des Materials, wurden auch die Komptenzen der BFH im Bereich Gussasphalt weiterentwickelt. An dieser Stelle sei etwa das laufende Projekt VSS 2018/331 erwähnt, in dem ein Prüfverfahren zur schnellen Beurteilung von Gussasphalt entwickelt wird.
Nachhaltige Instandhaltungstechniken
Es besteht ein wachsender Bedarf an Instandhaltungs- oder Bautechniken, die den Anteil an neu produzierten Baustoffen reduzieren, die generierte Abfallmenge begrenzen und die Dauer der Arbeiten verkürzen. So entstehen viele Instand- haltungstechniken, deren Bewertung und Entwicklung ebenfalls Teil der Aktivitäten an der BFH sind.
Zu den laufenden Aktivitäten gehören weiter Innosuisse-Forschungsprojekte zu einer innovativen Verstärkungstechnik mit Verbundbelag (bituminöser Asphalt - Zementbeton) oder ein Projekt, in dem das Problem von Belägen mit Asphaltbewehrungen untersucht wird. Dieses Projekt ist auch Gegenstand mehrerer Testboards, von denen das erste im August 2019 auf dem Strassennetz des Kantons Bern gebaut wurde.

Vielfältige Herausforderungen und vielfältige Fähigkeiten
Der Bereich Verkehrsinfrastruktur entwickelt viele Innovationen, um eine nachhaltige Infrastruktur anzubieten. Sowohl im Hinblick auf die Senkung des Energieverbrauchs sowie der Emissionen als auch auf die Optimierung der Nutzungsdauer und der Benutzersicherheit. Der Bedarf an angewandter Forschung und Aus- und Weiterbildung ist hoch. Das erfordert allerdings eine Vielzahl an Kompetenzen – dafür sind die verschiedenen Tätigkeitsbereiche innerhalb der BFH mit Sicherheit ein Gewinn.

Kompetenzbereich Verkehrsinfrastruktur
Der Kompetenzbereich Verkehrsinfrastruktur konzentriert sich auf die Bereiche Straße, Schiene und Flughafen, wobei der Schwerpunkt auf Straßenbelägen liegt. Die behandelten Themen betreffen zum einen die Entwurfs- und Sicherheitsanalysen, aber auch Materialien, Belagsbau und -sanierung sowie das Instandhaltungsmanagement. Darüber hinaus wurden in Zusammenarbeit mit dem VSS verschiedene CAS und ein MAS "Verkehr und Infrastruktur" entwickelt, die seit Ende 2017 an der BFH angeboten werden.
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