
Batterien der nächsten Generation nach Mass
Batterien werden immer leichter, leistungsfähiger, langlebiger und günstiger – und die Entwicklung bleibt nicht stehen. Die Berner Fachhochschule BFH verfügt über eine neue Anlage, um Kleinserien von Batterien beliebiger Grösse für die Forschung und die Industrie anzufertigen.
Es ist gerade 30 Jahre her, seit der erste Lithium-Ionen-Akkumulator für den kommerziellen Einsatz (in einer Videokamera) auf den Markt kam. Heute sind diese Energiespeicher aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Dank ihrer hohen Energiedichte und ihrer Langlebigkeit kommen sie überall zum Einsatz – vom Smartphone über den kabellosen Rasenmäher bis zum E-Bike und zum elektrisch angetriebenen Auto. Parallel zu den technischen Verbesserungen und zur stetig wachsenden Produktion sinken die Herstellungskosten von Lithium-Ionen-Batterien rasch. Zwischen 2010 und 2020 fielen sie von durchschnittlich 1100 auf 137 US-Dollar pro Kilowattstunde (kWh). 2023 dürfte die Grenze von 100 US-Dollar/kWh unterschritten werden. Ab dann werden Fahrzeuge mit Elektroantrieb preislich jenen mit Verbrennungsmotor ebenbürtig sein und diese schliesslich hinter sich lassen. Tesla behauptet, diese magische Schwelle bereits erreicht zu haben.
Für die Forschung und die Industrie
In Bezug auf ihre Energiedichte und ihre Lebensdauer können Lithium-Ionen-Akkus noch weiter verbessert werden. In der Schweiz erhielt die Forschung wesentliche Impulse durch das vom Nationalfonds und von Innosuisse finanzierte Swiss Competence Centre for Energy Research SCCR (2013–2020). Im Rahmen des Programms hat die BFH in Burgdorf eine Anlage aufgebaut, die jetzt der Forschung und der Industrie zur Verfügung steht. Die Fertigungsanlage ermöglicht es, Kleinserien von Batteriezellen aus verschiedenen Inhaltsstoffen und in beliebigen Dimensionen herzustellen. Die möglichen Grössen reichen von Kreditkartenformat bis zu Zellen von 30 × 15 Zentimeter. Zellen dieser Grösse werden heute beispielsweise in den Batterien des Renault Zoe verbaut.
Die Fertigungsanlage der BFH testet Komponenten wie Kathoden, Anoden und Elektrolyten und verarbeitet sie zu fertigen Zellen. Zum Einsatz kommen sie anschliessend in Forschungs- und Entwicklungslabors von Institutionen und Unternehmen, die sich hauptsächlich mit der Optimierung des Energiemanagements von Batterien befassen. Potenzielle Abnehmer*innen von Kleinserien sind aber auch Unternehmen, die auf dem Markt keine Batterien finden, die ihren spezifischen Bedürfnissen entsprechen.

Flexibilität dank Lasertechnologie
Lithium-Ionen-Batterien können mithilfe chemischer Prozesse Strom speichern und diesen bei Bedarf zur Verfügung stellen. Hauptbestandteile der Batterie sind die Elektroden: die aus Metalloxid (zum Beispiel Nickel-Mangan-Cobalt-Oxid, NMC) bestehenden Kathoden sowie die Anoden aus Grafit. Verbunden sind die beiden Elektroden durch einen flüssigen Elektrolyten, der Lithium-Ionen als Transportmedium dient. Eine dünne und für Elektronen nicht durchlässige Membran wirkt als Separator zwischen den Elektroden. Diese Komponenten werden in der Fertigungsanlage der BFH in einem automatisierten Prozess zur fertigen Zelle zusammengefügt.
Die Elektroden sind dünne, auf Rollen gewickelte Folien, aus denen ein Laser die gewünschte Form ausschneidet. Diese Methode ist äusserst präzise und hat gegenüber der traditionellen Stanztechnik den Vorteil, dass keine verschleissanfälligen Werkzeuge zum Einsatz kommen. Dadurch werden Produktionsfehler reduziert, welche die Leistung der Zelle beeinträchtigen könnten. Zudem lassen sich die Abmessungen der Elektroden über die Steuerung des Lasers einfach und schnell am Computer einstellen, ohne dass Teile ausgewechselt werden müssen wie bei der Stanzmaschine. Damit ist grösstmögliche Flexibilität bei der Herstellung von Elektroden mit individuellen Merkmalen gewährleistet. Hingegen ist die Fertigungsanlage nicht auf hohe Geschwindigkeiten und grosse Produktionsmengen ausgelegt.
Nach dem Zuschneiden werden die Elektroden gestapelt, wobei jede Kathode von den benachbarten Anoden durch eine Separatormembran getrennt wird. Der Elektrodenstapel wird schliesslich mit Stromableitern verbunden, in eine Kunststofffolie eingepackt und das Ganze mit dem Elektrolyten befüllt. Anschliessend ist die Zelle bereit für die ersten Lade- und Entladevorgänge nach bestimmten Mustern, welche die Leistungsfähigkeit der Batterie über ihre ganze Lebensdauer optimieren. Der Herstellungsprozess bis zum Verschweissen in der Einpackfolie erfolgt unter Reinraumbedingungen, da schon geringste Verschmutzungen die Qualität einer Zelle mindern.

Die Batterie der Zukunft
Im Rahmen des EU-Forschungsprojekts HIDDEN ist die BFH auch an der Entwicklung von Batterien der nächsten Generation beteiligt. Die europäischen und schweizerischen Forschungspartner wollen bis Ende 2023 gemeinsam geeignete Technologien für die Herstellung ressourcensparender und kostengünstiger Lithium-Metall-Batterien entwickeln. Bei diesen besteht die Anode aus reinem Lithium, Grafit wird als Speichermedium für die Lithium-Ionen nicht mehr benötigt. Die neue Technologie wird die Lebensdauer und die Energiedichte von Akkumulatoren gegenüber herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien um bis zu 50 Prozent erhöhen beziehungsweise das derzeit noch hohe Gewicht von Batterien bei gleichbleibender Leistung reduzieren. Da reines Lithium äusserst reaktiv ist, kann es noch nicht in einer sauerstoffhaltigen Umgebung mit dem Laser bearbeitet werden. Die Fertigungsanlage in Burgdorf verfügt deshalb über eine Vorrichtung, mit der die Anoden in einer Argonatmosphäre gestanzt werden.
Die Anlage für die Batteriefertigung bietet der Forschung und der Industrie eine optimale Plattform für Innovationen im Bereich der Batterietechnik. Auch die Studierenden der BFH profitieren von der Zusammenarbeit, in diesem Fall insbesondere jene des Studiengangs Maschinentechnik. Etwa 50 Studierende haben im Rahmen von Projekt- oder Thesisarbeiten am Aufbau der Einrichtungen mitgewirkt oder sind an der ständigen Weiterentwicklung der Anlage beteiligt.
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