«Die Batterie ist nicht das Problem»

Elektrofahrzeuge spielen für eine zukunftsträchtige Mobilität eine Schlüsselrolle. Aber darf man Akkus in E-Autos trauen? Dr. Andrea Vezzini, Professor für Industrieelektronik an der Berner Fachhochschule, beruhigt.

Herr Vezzini, die Kapazität von Batterien nimmt mit der Zeit ab. Ist das kein Problem?

Die Batterie ist heute nicht mehr das Problem. Moderne Lithium-Ionen-Batterien lassen sich ohne Weiteres 800-mal laden und entladen. 800 Ladezyklen ergeben bei einem Elektroauto mit einer Reichweite von 400 Kilometern 320 000 Kilometer. Das Auto wird also auseinanderfallen, noch bevor die Batterie am Ende ist. Das heisst, die Batterie ist heute nicht mehr das Problem.

Aber ist eine Reichweite von 400 km ausreichend?

Die neueste Generation der E-Autos kommt auf Reichweiten von 350 bis 500 Kilometer. Selbstverständlich kommt man mit einem vollen Tank weiter. Aber wer fährt schon 800 Kilometer am Stück, wie das mit einem Verbrennungsmotor möglich ist? In der Praxis dürfte eine Reichweite von 400 Kilometern selten ein Problem darstellen. Dazu kommt der grössere Komfort.

Ein E-Auto ist komfortabler?

Sein Fahrverhalten ist besser – unter anderem, weil der Schwerpunkt wegen der im Fahrzeugboden eingebauten Batterie tiefer liegt. Die Beschleunigung ist besser, da der Motor auch bei niedrigen Tourenzahlen sofort voll anzieht. Und Sie verursachen weniger Lärm. Dazu kommen noch die geringeren Kosten.

Warum?

Weil Sie weniger Teile haben, die verschleissen können. Sie haben zum Beispiel keinen Ölkreislauf und damit keine Dichtungsringe und auch kein kompliziertes Getriebe. Und auch die Bremsscheiben werden weniger abgenutzt. Zudem ist Strom günstiger als Benzin. Für 100 Kilometer benötigt ein E-Auto 16 bis 20 Kilowattstunden. Wenn man diese Strommenge nachts zu einem Preis von 15 bis 20 Rappen pro Kilowattstunde lädt, ergibt das rund vier Franken.

Aber Batterien sind viel schwerer als ein Benzintank.

Hier gilt es, den unterschiedlichen Wirkungsgrad zu beachten. Die Energie im Benzin bringen Sie nicht einfach so aufs Rad. Im Verbrennungsmotor geht viel Energie verloren, ebenso im Getriebe. Am Ende gelangen je nach Fahrverhalten 15 bis 20 Prozent auf die Strasse. Bei einem Elektromotor liegt dieser Wert bei etwa 80 Prozent. Zudem fallen der schwere Verbrennungsmotor und das schwere Getriebe weg. Um die einzeln angetriebenen Elektromotoren der Räder anzusteuern, genügen ein paar Kabel.

Wie umwelt- und klimafreundlich sind E-Autos tatsächlich?

Wenn es gelingt, den Strom, den Sie für ein E-Auto benötigen, aus erneuerbaren Quellen zu beziehen, stehen wir plötzlich an einem ganz neuen Punkt. Dann verbrauchen Sie keine fossilen Energieträger mehr. Und wenn die Batterien einmal in der Nähe der Autofabrik mit erneuerbarer Energie produziert werden, ist der in Sachen grauer Energie negativ belastete Anfangsrucksack plötzlich sehr viel leichter. Man muss das ganze System anschauen. Wir müssen den Verkehr konsequent elektrifizieren und die Energieversorgung dekarbonisieren. Wenn wir das gleichzeitig hochziehen können, sind wir auf einem guten Weg.