
Die blaue Revolution – wie Hightechökologie unsere Zukunft formt
Kein Zweifel: Ökologie wird das grosse Thema des 21. Jahrhunderts. Greta Thunberg hat die Zukunft ein für alle Mal verändert. Aber welche Ökologie? Die heutige Angst- und Schuldökologie kann die Gesellschaft nur spalten und trägt am Ende wenig zur Vermeidung von CO2, Plastik usw. bei. Könnte auch eine andere Ökologie die Zukunft prägen, eine Ökologie der Fülle, ja des Überflusses?
Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher, Gründer Zukunftsinstitut GmbH
Wir stehen heute im Wandel vom industriellen zum ökologischen Zeitalter. Es geht darum, einen Abschied zu organisieren: den Abschied von der fossilen Ära, in der die Macht der Kohlenwasserstoffe uns eine rasende Erhitzung der menschlichen Systeme beschert hat.
Grüne Ökologie
Die Ursprünge der grünen, also der reinen Naturökologie lassen sich bis in die Naturromantik des frühen 19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Ihre erste Breitenwirkung entfaltete die ökologische Bewegung jedoch erst im Zenit des westlichen Wirtschaftsbooms – in der Blüte der Hippie- und Alternativbewegung. Damals entstanden nicht nur die Grünen als politische Partei, sondern auch ein neues, postmaterielles Weltbild, das nach dem Verhältnis des Menschen zur Natur fragte und das industrielle Konsumprimat infrage stellte.
In den grünen Bewegungen der 1970er- und 1980er-Jahre bildete sich ein stabiles, über die Zeit aber stagnierendes postmaterielles Kulturmilieu aus. Im Lauf eines halben Jahrhunderts hat sich daraus bis heute so etwas wie eine ökologische Klasse entwickelt.
Ökologie in ihrer grünen Form hatte stets drei weltanschauliche Basisideologien: erstens das Dogma der existenziellen Knappheit; zweitens fusste «das Grüne» auf einer Romantisierung der Natur als heile, ja heilige Welt; daraus entwickelte sich – drittens – die Schuldlogik des grünen Ökologismus.
Blaue Ökologie
Die blaue Ökologie begreift Ökologie nicht als Zwang zum Verzicht, sondern als Befreiung vom Zuviel.
Blau ist die Farbe des Horizonts, der Atmosphäre, des offenen Meeres, auch des Technologischen. Dabei geht es aber nicht um den Glauben an eine Wundertechnik, die das CO2 wieder aus der Atmosphäre saugt. Blaue Ökologie handelt von intelligenteren Systemen, in denen wir mit Natur und Technik in eine neue Beziehung treten. Auf dem Weg dorthin hilft es, Natur auf tiefere Weise zu verstehen – etwa in der Differenz zwischen Effektivität und Effizienz. Zwei Worten, die gleich klingen, aber etwas völlig anderes meinen.
Effizienz versus Effektivität
Effizienz ist immer der Versuch, ein (Teil-)System zu optimieren, mehr herauszuholen. Es auszuquetschen. Man pumpt das Schaf so lange auf, bis es platzt. Man überhitzt es. Das ist der Kern fossil-industrieller Logik, und es führt zu all dem, was wir als Folgeschäden des Konsumindustrialismus erleben: krankhaftem Übergewicht, endlosen Staus, Hühnern, die nicht mehr stehen können, verwirrten Onlineseelen. Und globalen Hitzewellen.
Die Natur ist dagegen effektiv: Die verschiedenen Teilsysteme sind sinnvoll ineinander verwoben. Und dabei gleichen sich Überschüsse aus, die ständig neu entstehen. Ein Baum ist kein Meister der Produktivität: Fotosynthese ist eher ein langsamer Prozess, ebenso das Wachstum. Aber der Baum ist durch vielfältige Kreisläufe, Synthesen, Symbiosen und Kooperationen mit seiner Umwelt verbunden. Das macht ihn produktiv in seiner Komplexität.
Blaue Ökologie sieht ihre Aufgabe darin, das Prinzip dynamischer Effektivität im Möglichkeitsraum Mensch–Natur–Technologie neu zu konstruieren. Es geht im Ökologischen dann nicht mehr um die zwanghafte Verringerung unseres «Fussabdrucks», sozusagen um das Gehen auf ökologischen Zehenspitzen. Wir nehmen «der Erde» nicht etwas weg, sondern fügen ihr etwas hinzu – und damit entsteht eine andere, produktive Wirklichkeit.
Die neuen High-Öko-Technologien
- Cradle to Cradle (Schliessung der Recyclingkreisläufe > Upcycling)
- 2nd Generation Renewables (erneuerbare Energien)
- Mega-Solar-Power
- Hyperbatterien (neue Speichertechnologien)
- Moleculeering (Neomaterialien)
- Carbon Harvesting (Energiegewinnung aus CO2)
- Intelligent-energetische Strassen
- Bio-Powerfuels: Kerosin 2.0
- Foodcities und Solar Farming
- Hydricity – das Zeitalter des Wasserstoffs
- Blue:Topia: klimaresiliente Architektur
Alle Textpassagen stammen aus «Die grüne blaue Revolution» von Matthias Horx. Der vollständige Artikel ist im Internet nachzulesen unter: www.horx.com/43-die-blaue-revolution.
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