
Gesunde Tiere dank Tanninen aus Schweizer Holz
Bei Nutztieren werden Parasiten oft mit Antiparasitika behandelt, was zu Resistenzen führt. Für die Gesundheit der Tiere sind neue Ideen gefordert. Forscherinnen und Forscher der Berner Fachhochschule BFH wollen mit pflanzlichen Wirkstoffen aus heimischen Hölzern den Schmarotzerbefall reduzieren.
Gastrointestinale Parasiten – Schmarotzer, die sich im Magen- und im Darmtrakt ansiedeln – stellen eine grosse Herausforderung in der Tierhaltung dar. Die Parasiten werden deshalb in der Regel mit antiparasitären Mitteln bekämpft, die jedoch zu Resistenzen führen. Gemeinsam verfolgen Forscherinnen und Forscher der Berner Fachhochschule BFH eine alternative Strategie: Mittels natürlicher pflanzlicher Wirkstoffe, sogenannter Tannine, die für ihre antiparasitäre und antibakterielle Wirkung bekannt sind, soll der Parasitenbefall reduziert werden. Langfristiges Ziel ist der Einsatz von Tanninextrakten aus heimischen Holzarten (forstlicher Biomasse) in der Tierernährung. Dies mit der Absicht, die Tiergesundheit zu verbessern und gleichzeitig den Medikamenteneinsatz sowie die Haltungskosten zu reduzieren.
Parasiten schaden dem Tierwohl
Gastrointestinale Parasiten sind bei verschiedenen Tierarten, z.B. bei Kaninchen, kleinen Wiederkäuern, Ferkeln und Kälbern, weitverbreitet. Die befallenen Tiere zeigen eine verminderte Leistung (Wachstum, Milchproduktion usw.) und sind anfälliger für andere Krankheiten, da ihr Immunsystem geschwächt ist. Tierverluste, insbesondere von Jungtieren, sind bei manchen Tierarten häufig und beeinträchtigen damit den wirtschaftlichen Erfolg der Tierhaltung. In den meisten Fällen werden die Parasiten mithilfe von antiparasitären Medikamenten (Antiparasitika) bekämpft. Diese wiederum fördern bei den Parasiten Resistenzen, und die Wirkung der antiparasitären Mittel geht langfristig verloren. Deshalb sind alternative Strategien zur Kontrolle der Parasitenbelastung unerlässlich, um die Gesundheit der Tiere und den wirtschaftlichen Erfolg langfristig sicherzustellen.

Mit Pflanzen gegen die Schmarotzer
Bereits nachgewiesen ist eine Reduktion von Parasiten durch das Verfüttern von Pflanzen, die hohe Konzentrationen natürlicher phenolischer Verbindungen (darunter sogenannte Tannine und phenolische Monomere) enthalten. Besonders die im Alpenraum heimischen Esparsetten (Onobrychis viicifolia Mill.) zeigten dabei hervorragende Ergebnisse (Huang et al. 2017). Die Bildung von Resistenzen der Parasiten gegen die pflanzlichen Wirkstoffe der Esparsetten ist bislang nicht bekannt. Esparsetten sind heimische Einjahrespflanzen, die insbesondere auf extensiv bewirtschafteten Magerwiesen vorkommen, sich allerdings schwer in Monokulturen kultivieren lassen.

Ein weiterer Ansatz besteht in der Anreicherung der Tiernahrung mit Pflanzenextrakten, die reich an phenolischen Inhaltsstoffen sind. Mit der Zugabe von Tanninen (polyphenolischen pflanzlichen Inhaltsstoffen) im Futter von Wiederkäuern konnten bereits antimikrobielle, antiparasitäre, entzündungshemmende und antivirale Wirkungen beobachtet werden.
Wirkstoffe aus Holz und Rinde heimischer Holzarten
Bei detaillierter chemischer Analyse der pflanzlichen Inhaltstoffe der Esparsetten konnten die BFH-Forschenden eine sehr gute Übereinstimmung mit den Inhaltsstoffen einzelner Sortimente heimischer forstlicher Biomasse (Rinde und Holz verschiedener Baumarten) belegen. So besitzen die Inhaltsstoffe in der Rinde einiger heimischer Baumarten eine molekulare Struktur, die jener der Esparsetten sehr ähnlich ist. Insbesondere die aus Procyanidin-Einheiten aufgebauten Tannine sind weitgehend übereinstimmend. Auch die phenolischen Monomere (wie z.B. Catechin, Kämpferol und Quercetin), die in Synergie mit den Tanninen für die bioaktive Wirkung verantwortlich sind, lassen sich in Esparsetten und in forstlicher Biomasse nachweisen.
In der starken stofflichen Übereinstimmung sehen die Forscherinnen und Forscher einen vielversprechenden Ansatz, die mit der Kultivierung und der Fütterung von Esparsetten einhergehenden Einschränkungen zu überwinden. So gestaltet sich der Anbau von Esparsetten bislang als Herausforderung, da die Pflanze nicht mit Unkräutern konkurrenzfähig ist. Zudem schwanken die Konzentration und die Zusammensetzung der Tannine zum Zeitpunkt der Ernte je nach Witterung, Erntezeit und Entwicklungsstand erheblich. Um gegen die Parasiten wirksam zu sein, müssen zudem relativ grosse Mengen Esparsetten verfüttert werden, was bei einigen Tierarten nur bedingt mit der Futterzusammensetzung vereinbar ist.
Tannine kommen hingegen in hohen Konzentrationen auch in Holz- und Rindengeweben von Laub- und Nadelbäumen vor und können mithilfe von Extraktionsprozessen herausgelöst werden. Versuche mit Extrakten aus Holz der Edelkastanie und unterschiedlicher tropischer Baumarten haben bereits gezeigt, dass Tannine zu einer Reduktion der parasitären Belastung bei Nutztieren führen können. Der Vorteil der Zugabe von aus Holz gewonnenen Tanninen zum Futter ist die einfache Dosierung und Erhaltung der üblicherweise verwendeten Hauptfuttermittel.

Über die Wirksamkeit von Tanninen aus heimischen Hauptbaumarten (z.B. Tanninextrakte aus Fichten-, Tannen-, Lärchen-, Kiefern- und Buchenrinde) in Futtermitteln liegen bislang wenig Informationen vor. Die Voruntersuchungen der BFH haben jedoch gezeigt, dass eine antiparasitäre und immunsystemstärkende Wirkung der Extrakte möglich ist.
In einem nächsten Schritt sollen deshalb sowohl geeignete Methoden zur Einbringung der Extrakte in die üblichen Futtermittel als auch der Einfluss auf die Parasitenbelastung von Kleinwiederkäuern – zum Beispiel Schafe und Ziegen – in Fütterungsversuchen untersucht werden. Langfristiges Ziel ist der Einsatz von Tanninextrakten aus heimischer forstlicher Biomasse in der Tierfütterung mit der Absicht, die Tiergesundheit zu verbessern und damit die Produktionskapazität zu erhöhen und gleichzeitig den Medikamenteneinsatz und die Tierhaltungskosten zu reduzieren.
Infos zum Institut für Werkstoffe und Holztechnologie IWH
Infos zum Forschungsbereich Ressourceneffiziente landwirtschaftliche Produktionssysteme