Management internationaler Vertriebspartnerschaften digital unterstützen

Vertriebspartner spielen eine bedeutende Rolle im internationalen Geschäft exportierender KMU. Sie steuern einen grossen Teil zum Exportumsatz bei. Doch die Zusammenarbeit mit ihnen ist anspruchsvoll und wird durch die Covid-19-Pandemie zusätzlich erschwert. Die Frage ist, wie digitale Technologien das Vertriebspartnermanagement unterstützen können.

Viele Schweizer KMU vertreiben 100% ihrer Exporte über Vertriebspartner – Unternehmen in den Exportmärkten, die Produkte von internationalen Herstellern in ihren Märkten verkaufen. Die exportierenden KMU sind zu klein, um eigene Verkaufsniederlassungen zu etablieren. Die Zusammenarbeit mit diesen Vertriebspartnern ist damit ein zentraler Erfolgsfaktor im Exportgeschäft. Die Covid-19-Pandemie verunmöglichte persönliche Vor-Ort-Kontakte, was Schweizer Exporteuren die Zusammenarbeit mit ihren Vertriebspartnern erschwerte. Switzerland Global Enterprise, die offizielle Schweizer Organisation für Exportförderung, hat dazu zusammen mit der Berner Fachhochschule BFH und der Fachhochschule Graubünden eine Umfrage durchgeführt. An der Umfrage haben 155 Firmen teilgenommen. Die Mehrheit waren industrielle Klein- und Mittelunternehmen, die im Business-to-Business-Geschäft tätig sind. 

Wichtige Rolle ausländischer Vertriebspartner

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass Vertriebspartner wichtige Aufgaben, vor allem zu Beginn des Verkaufsprozesses, übernehmen. Während 95% der Vertriebspartner Kundenkontakte herstellen, sind lediglich 44% in den After-Sales der Produkte involviert. Eine Mehrheit von 92% der Exporteure ist zufrieden mit den Kundenbeziehungen, die von den Vertriebspartnern aufgebaut und aufrechterhalten werden. Jedoch sind lediglich 49% zufrieden mit dem Verkaufserfolg. 

Anspruchsvolles Finden und Betreuen von Vertriebspartnern

Die grössten Herausforderungen im Vertriebspartnermanagement für die Unternehmen sind das Finden und die Betreuung der Vertriebspartner (Abbildung 1). Für 82% der Firmen ist es schwierig, einen Vertriebspartner mit den geeigneten fachlichen Kompetenzen zu finden. 71% beurteilen den Aufwand für die Betreuung der Partner als sehr hoch. Für 64% zeigt der  Vertriebspartner zu wenig Engagement für die Produkte, und bei 59% teilen die Vertriebspartner zu wenige Kundeninformationen mit dem Hersteller. Interessant ist, dass kulturelle Unterschiede nur für 35% der Unternehmen eine Herausforderung zu sein scheinen.

Die Betreuung der Vertriebspartner umfasst mehrere Tätigkeiten (Abbildung 1): Wichtig ist die rasche Unterstützung bei technischen Fragen, damit schnell und qualitativ hochstehend auf Fragen potenzieller Kundenunternehmen geantwortet werden kann. Gemeinsame Besuche wichtiger Kundenunternehmen ermöglichen den Vertrauensaufbau bei zukünftigen Kundenunternehmen, die neben dem Vertriebspartner auch den Produkthersteller kennenlernen können. Schulungen vor Ort und in der Schweiz sind notwendig, um Vertriebspartnern das notwendige technische und verkaufsspezifische Wissen weiterzugeben. Als wichtigstes Instrument für die Betreuung der Vertriebspartner haben erstaunliche 100% der Antwortenden die häufigen persönlichen Kontakte eingeschätzt – diese werden durch die Covid-19-Pandemie erschwert.

Covid-19-Pandemie erschwert die Betreuung

Wegen der Pandemie sind die Firmen gezwungen, viele Prozesse in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern digital abzuwickeln. Dies erschwert die Zusammenarbeit erheblich (Abbildung 2). 72% der Unternehmen gaben an, dass der Aufbau und der Erhalt des Vertrauensverhältnisses mit den Vertriebspartnern beeinträchtigt wird. Die ausschliesslich digitalen Kontakte behindern gemäss 63% der Unternehmen die Qualität und die Effektivität der Zusammenarbeit. Eine Aussage aus der Umfrage: «Digitale Kontakte sind zwar wertvoll und oft auch effizient. Was aber fehlt, ist der ungezwungene Austausch, der häufig zu den eigentlich wichtigen Informationen und zum Vertrauensaufbau führt.» 

Modell des digital unterstützten Vertriebspartnermanagements

Switzerland Global Enterprise unterstützt Schweizer Unternehmen bisher vor allem in der Suche von ausländischen Vertriebspartnern. Die Umfrage hat gezeigt, dass mehr als die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen eine weiterführende Unterstützung beim Management von internationalen Vertriebspartnerschaften wünschen – unter Einbezug von digitalen Technologien, mit denen die Unternehmen während der Covid-19-Pandemie erste Erfahrungen gesammelt haben. Ein durch Innosuisse unterstütztes Forschungsprojekt von Switzerland Global Enterprise und den zwei Fachhochschulen wird ein Modell zum digital unterstützten Management von internationalen Vertriebspartnerschaften entwickeln. Damit wird dieses Projekt einen wesentlichen Beitrag zum zukünftigen Erfolg exportorientierter Unternehmen leisten.

Prof. Dr. Paul Ammann
Leiter Forschungsgruppe International Management, Weiterbildung TI
Prof. Dr. Ralph Lehmann
Leiter Forschungsschwerpunkt Internationalisierung, Fachhochschule Graubünden
Daniel Bont
Senior Consultant China / HK / Taiwan; Switzerland Global Enterprise