«Mit 25 sind gerade mal die Flausen im Kopf weggeblasen»

Sind 25 Jahre für einen Hochschultypus ein Grund zum Feiern? Mit 25 Jahren sind bei Hinz und Kunz gerade mal die Flausen im Kopf weggeblasen, ist eine Abnabelung von irgendwas erfolgt und der Weg nach irgendwo offengelegt …

… dazu einen Text zum Departement Technik und Informatik BFH-TI mit Bezug zur Zahl 25 beziehungsweise zu den Zahlen 2 und 5 zu schreiben, war die Bitte der «spirit»-Redaktion an mich. Nun, nicht gerade einfach. Als Strohhalm bot mir die «spirit»-Redaktion die Eselsbrücke: Mit fünf Bachelorstudiengängen hat die BFH-TI 1997 – im Geburtsjahr der BFH – gestartet, und seither kamen zwei Bachelorstudiengänge dazu!

Ich wollte abwinken. Zu zufällig erschien mir die Eselsbrücke. Doch dann liess ich mich auf das Zahlenspiel ein: immerhin sind 2, 5 und 1997 Primzahlen. «On m’a pris par les sentiments», wie man so schön sagt. Und es kommt noch besser: Die Differenz von 5–2 ergibt die Anzahl Masterprogramme an der BFH-TI und ist genau wie ihre Summe, die Anzahl BSc-Programme der BFH-TI, ebenfalls eine Primzahl. Tatsächlich sind 2 und 5 die einzigen Primzahlen deren Summe und Differenz beide wieder Primzahlen sind. Das ist doch ein grossartiges Alleinstellungsmerkmal und damit Grund genug, um in die Tasten zu greifen und rund um die Zahl 25 Rück- und Ausblick zu halten.

Ab 1997: Fachhochschulen in der Schweiz – BFH von Anfang an dabei

Bei einem Rückblick auf die Fachhochschullandschaft kommt man seit diesem Frühjahr kaum mehr umhin, die Biografie der schweizerischen Fachhochschulen von Hans-Kaspar von Matt zu zitieren. [1] Er versteht es, in präziser und dennoch unterhaltsamer Sprache ein sehr plastisches Bild der «grössten Bildungsreform der 1990er-Jahre» zu zeichnen. Er beleuchtet den politischen Kontext und die Rollen involvierter Personen und Institutionen. Die Lektüre zeigt unter anderem die prominenten Rollen, die die Technika Biel (gegründet 1890) und Burgdorf (gegründet 1892) im Entwicklungsprozess der höheren Technischen Lehranstalten (HTL) hin zu den Fachhochschulen innehatten. So lernt man zum Beispiel, dass der damalige Direktor der Ingenieurschule Biel, Fredy Sidler, seine Kollegen der Direktorenkonferenz der Ingenieurschulen Schweiz zu einer Formulierung von sechs Reformthesen bewegen konnte. Unter wirkungsvoller Umgehung aller Dienstwege wurden diese Thesen im Juni 1990 dem Gesamtbundesrat vorgelegt und beschleunigten die Bildung eines Fachhochschulgesetzes nachhaltig. [2] Mit Verabschiedung des Fachhochschulgesetzes konnten im Herbst 1997 die ersten Fachhochschulen, darunter auch die BFH, ihre Tätigkeit aufnehmen. Seitdem begleiten von aussen und innen angestossene Reorganisationen die Weiterentwicklung des neuen Hochschultypus. So erlaubte die bundesweite Revision von 2003 die Umsetzung der Bologna-Deklaration und dadurch den Wechsel von Diplomstudiengängen zu den kompetenzorientierten Bachelor- und Masterstudiengängen. Im Jahr 2015 wurde dann der gesamte schweizerische Hochschulbereich unter ein einheitliches Gesetz gestellt, das den in den 1990er-Jahren auftretende Slogan «Andersartig, aber gleichwertig» gesetzlich abrundete. Die Fachhochschulen – der Berufsbildung entsprungen – kamen so definitiv im Hochschulraum Schweiz an.

Blick in die Zukunft – Kooperationen sind zentral

Ein Ausblick auf die Fachhochschullandschaft ist ungleich schwieriger vorzunehmen. Den aussagekräftigsten Eindruck erhält man wohl mit einem Blick auf die BFI-Botschaften 2021–2024 und 2025–2028.[1] Die darin adressierten systemischen Herausforderungen beinhalten Themen wie Heterogenität des Hochschulraums, Coopetition – eine Kombination aus cooperation und competition – zwischen den Hochschulen, Autonomie der einzelnen Schulen und die Positionierung der Fachhochschulen gegenüber den technischen und universitären Hochschulen (ETH/UH) sowie den höheren Fachschulen (HF).

Gerade der letzte Punkt zeigt den doppelten Druck auf die Fachhochschulen, da die universitären Hochschulen und die eidgenössisch technischen Hochschulen neben der Forschung die praktische Dimension ihrer Ausbildung immer mehr ausbauen und die HF mit ihrer rein auf die Berufspraxis ausgerichteten Ausbildung weniger teuer sind. Es ist absehbar, dass die strukturierenden Elemente der Fachhochschulausbildung – praxisnahe und forschungsbasierte Lehre – diesem doppelten Druck vorteilhaft mit fachhochschulübergreifenden Kooperationen standhalten. Unsere Masterprogramme sind diesbezüglich gut aufgestellt: Der Master of Science in Engineering (MSE) ist ein Kooperationsmaster aller Fachhochschulen und erlaubt Dozierenden und Studierenden, zusätzlich zu einem breiten Angebot ihre Netzwerke zu erweitern. Komplementär dazu öffnen die beiden Kooperationsmaster Biomedical Engineering und Precision Engineering unseren Studierenden die Tore zur Universität Bern. Unsere Bachelorprogramme hingegen kennen kaum fachhochschulübergreifende Kooperationen und zeigen auch fachhochschulintern eine gegenseitige Distanz. Diese gelebte interne und externe Distanz auf Stufe Bachelor ist gewiss ein Themenfeld für die nächsten 25 Jahre und ihre koordinierte Reduktion – vor allem für die sprachlichen Herausforderungen am Standort Biel – zentral. Ein weiteres, kaum genutztes Feld für mögliche Kooperationen besteht mit den Zubringerschulen. Der Ausbildungsfokus einer gymnasialen Maturität, einer Berufsmaturität oder einer höheren Fachschule wird wohl bestehen bleiben. Allerdings können Flexibilisierungsbestrebungen vor oder während dem ersten Studienjahr Möglichkeiten eröffnen, die Studierendenzahlen bei mindestens gleichbleibender Qualität nachhaltig zu steigern. Kooperationsmöglichkeiten ergeben sich deshalb in naher Zukunft einige. Nachhaltig werden sie dann sein, wenn alle involvierten Parteien einen Mehrwert erleben, wenn sich also 2 plus 5 zu mehr als 7 addieren.

 

[1] Der Bundesrat legt den eidgenössischen Räten alle vier Jahre – abgestimmt auf die Legislaturplanung – eine Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation vor: die BFI-Botschaft. Die Erarbeitung der nächsten BFI-Botschaft für die Jahre 2025–2028 ist im Gange. 

Quellen

[1] Hans-Kaspar von Matt (2022), Die Schweizerischen Fachhochschulen: eine Biografie, Universitätsverlag Webler, UVW 

[2] Sidler Fredy (2019), Zwischen Pragmatismus und Eitelkeiten: Die Geschichte der Fachhochschulen. In: Bieler Tagblatt, 13.12.2019

Dr. Roger Filliger
Professor für Mathematik, BFH, Stellvertretender Direktor BFH-TI