Ökobilanzen von Gebäuden

Die Ziele der nachhaltigen Entwicklung müssen bis 2030 erreicht werden. Noch dringlicher sieht es beim Pariser Klimaabkommen aus: Die Massnahmen müssen ab sofort umgesetzt werden. Die Baubranche steht bei der Reduktion der CO2-Emissionen im Fokus. Und sie hat grosses Potenzial, diese Herausforderung zu meistern. 

Christelle Ganne-Chédeville, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, BFH

Katrin Büsser, Professorin für Architektur und Planung, BFH

Es wird derzeit geschätzt, dass 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in Europa auf die Phase der Nutzung eines Gebäudes (insbesondere aufs Heizen) zurückzuführen sind. Hinzu kommen die Emissionen, die entstehen, wenn die Baumaterialien hergestellt und entsorgt werden. Der positive Trend zur Entwicklung passiver Systeme wird die Herstellungs- und Entsorgungsphase von Materialien in Bezug auf Emissionen noch deutlich wichtiger machen.

Im September 2019 unterzeichnete die BFH-AHB die Grazer Deklaration der D-A-CH-Konferenz zur nachhaltig gebauten Umwelt. Diese Deklaration schreibt die Umsetzung konkreter Ziele und Pläne zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen während des Lebenszyklus von Gebäuden verbindlich vor. Die Unterzeichnenden verpflichten sich, Massnahmen in den Bereichen Politik

(z.B. Benchmark-Systeme auf Basis der CO2-Emissionen von Gebäuden), Forschung, Aus- und Weiterbildung sowie für die Industrie umzusetzen. Die Umweltauswirkungen von Gebäuden werden auf der Grundlage einer Analyse des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, von der Gewinnung der Ressourcen bis zum Ende der Lebensdauer der Materialien, berechnet. Es gibt viele Instrumente und Normen, dank denen es ohne wichtige Informationen wegzulassen möglich ist, mehr oder weniger rasch eine Gebäude-Ökobilanz zu erstellen. Es ist ebenfalls möglich, in jeder Phase der Bauplanung eine Berechnung durchzuführen und dadurch eine umweltgerechte Gestaltung zu unterstützen und verschiedene Gebäudevarianten zu vergleichen. Daher ist es mehr denn je an der Zeit, die Umweltauswirkungen von Bau- und Renovierungsprojekten zu berechnen.

Die Chancen des Holzbaus

In dieser Hinsicht bietet der Holzbau dank eines Materials erneuerbaren Ursprungs eine interessante Alternative. Die technischen Eigenschaften von Holz, insbesondere seine Leichtigkeit im Vergleich zu mineralischen Werkstoffen, bieten einen zusätzlichen Vorteil im Hinblick auf die Verringerung des Ressourcenverbrauchs, des Transports und der erforderlichen Fundamentvolumina. Die Holzindustrie muss diese Chance nutzen und die erreichbare Leistung in Bezug auf die Treibhausgasemissionen rechnerisch aufzeigen.

Ende der Lebensdauer eines Gebäudes muss im Rahmen der Kreislaufwirtschaft neu überdacht werden

Über die Endphase des Lebenszyklus eines Gebäudes ist hinsichtlich Ökobilanz wenig bekannt, sie macht jedoch einen wesentlichen Teil der Umweltauswirkungen aus. Eine Gruppe von Studierenden der BFH-AHB (Architektinnen und Architekten, Holz- und Bauingenieurinnen und –ingenieure) hat sich während einer so genannten „Special Week“ im November 2019 mit diesem Thema befasst. Die Mengen an Bauschutt in der Schweiz sind beträchtlich und problematisch. Eine der Möglichkeiten, sie zu reduzieren: Bausysteme überdenken, um entweder ihre Lebensdauer zu verlängern, sie sehr leicht demontier- und wiederverwertbar zu machen oder sie für das nächste Projekt wiederzuverwenden. Eine Vielzahl an Möglichkeiten. Es gilt, diese weiterzuentwickeln.

Co-Autorin: Joana Pinho, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, BFH

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